UWF, Pancrase & Co. - Historie des Shootfightings und seine Bedeutung für das japanische Wrestling
Shootfighting ist heutzutage aus dem japanischen Wrestling und Kampfsportszene nicht mehr wegzudenken. Begonnen hat alles mit Anonio Inokis "King of Sports" Philosophie, die seit der Gründung von New Japan im Jahre 1972 das Motto seiner Promotion ist.
Antonio Inoki, zu dieser Zeit neben Giant Baba der größte japanische Superstar des Wrestlings, begann ab Mitte der 70er Jahre Kämpfe gegen internationale weltklasse Fighter wie Willem Ruska (Judo Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in München 1972), Chuck Wepner (Boxer), Willie Williams (World Kyokushin Karate Champion) und Boxlegende Muhammad Ali zu arrangieren, welche die Überlegenheit des Pro-Wrestling verdeutlichen sollten. Inspiriert von Inokis Mixed bzw. Different Style Matches schlossen sich am 10.04.1984 Akira Maeda (NJPW), Rusher Kimura (AJPW), Ryuma Go (AJPW; trainiert im New Japan Dojo), Gran Hamada (AJPW; trainiert im New Japan Dojo) und Mach Hayato zusammen, um eine eigene, an einen realistischeren Stil angelehnte Promotion zu gründen. Hinter den Kulissen wurden sie von Hisashi Shinma angeführt, der kurz zuvor im Zuge einer Umstrukturierung seine Managementposition bei New Japan verlor. Kurze Zeit später stießen Yoshiaki Fujiwara (NJPW) und Nobuhiko Takada (NJPW) hinzu. Im Juni des selben Jahres folgen noch Kazuo Yamazaki (NJPW) und Satoru Sayama (NJPW). Sayama war zu dieser Zeit durch sein bei New Japan verkörpertes Tiger Mask Gimmick zum absoluten Superstar aufgestiegen. Die erste und originale UWF (Universal Wrestling Federation) war gegründet. UWF unterschied sich nicht sonderlich vom normalen Pro-Wrestling Japans, der Stil orientierte sich am traditionellen japanischen Wrestling, war allerdings "stiffer" als der der Wrestling Organisationen der damaligen Zeit.
Obwohl die Liga einen interessanten Kader und eine neuartige Ausrichtung versprach, konnte ein für das Wachstum der Liga dringend benötigter Fernsehvertrag nicht realisiert werden. Mit Fuji TV war ein Vertrag bereits vor der ersten Show abgeschlossen, der Sender zog sich aber zurück. Andere Deals scheiterten ebenfalls. Shinma musste die Liga im Mai 1984 schon wieder verlassen, da sich die Wrestler gegen ihn stellten und Sayama der Liga nur beitreten wollte, wenn Shinma seinen Posten räumte. Interne Querelen gehörten vom Anfang an zu UWF. Auch über die Ausrichtung der Liga entbrannte Streit. Maeda (unterstützt von Kimura, Go, Hamada und Hayato) befürwortete das Submission Move basierte traditionelle Pro-Wrestling, während Sayama, Fujiwara, Takada und Yamazaki wegen ihres Martial Arts Hintergrundes mehr auf Kicks setzen wollten. Letztere setzten sich durch, weshalb die Veteranen Kimura, Go, Hamada und Hayato UWF in Richtung AJPW verließen. Das Ende der UWF wurde am 02.09.1985 eingeläutet, als sich Akira Maeda und Satoru Sayama gegenüberstanden. Offenbar frustriert über das interne Zerwürfnis kickte Maeda Sayama absichtlich zwischen die Beine, woraufhin der Kampf abgebrochen wurde. Maeda wurde suspendiert und anschließend gefeuert. Bei den Kämpfern machte sich zudem Unmut über die eigensinnige Führung Sayamas breit, was letztlich - begleitet von finanziellen Problemen durch das Ausbleiben eines TV Deals - zum Ende der Promotion im Oktober 1985 führte. Die letzte Show fand am 11.09.1985 statt.
Sayama gründete 1987 Shooto, eine reine "shoot" Organisation, während sich Maeda, Takada, Fujiawara, Osamu Kido, und Kazuo Yamazaki wieder New Japan anschlossen. Inoki ergriff die Chance beim Schopfe und leitete eine riesige New Japan vs. UWF Fehde ein, die heute noch zu einer der besten Fehden der Pro-Wrestling Geschichte zählt. Ein weiterer Kick sollte allerdings auch diese Zusammenarbeit zunichte machen, als Maeda seinem Gegner Riki Choshu am 27.11.1987 absichtlich so hart ins Gesicht trat, dass dieser mehrere Knochenbrüche erlitt. Im Januar des nächsten Jahres wurde Maeda gefeuert. Er entschied sich dazu, eine neue UWF zu gründen und konnte Nobuhiko Takada, Kazuo Yamazaki und andere für seine Idee gewinnen. Genau ein Jahr später einigten sich Maeda und New Japan Boss Inoki auf den Wechsel zweier New Japan Rookies, Masaharu (Masakatsu) Funaki und Minoru Suzuki. Newborn UWF (oder auch UWF #2) entwickelte sich zu einer der größten Promotions in ganz Japan, doch bereits im Dezember 1990 verkündete UWF Präsident Shinji Jin das Ende der Organisation - interne Probleme stoppten den Siegeszug der UWF. Auch bei der Neuauflage gab es unterschiedliche Auffassung was die Ausrichtung der Liga anging. Jin, der die Rolle des Präsidenten von Maeda übernommen hatte, wollte mit Genichiro Tenryus SWS und gerade von Gran Hamada und Hisashi Shinma gegründeten Universal Lucha Libre kooperieren. Maeda lehnte Einflüsse von außen ab. Die abflauende japanische Wirtschaft setzte der Liga ebenfalls zu. Die letzte Card wurde am 01.12.1990 veranstaltet. Obwohl die Liga nur kurz bestand, hatte sie ebenso wie die erste UWF den "U Spirit" geprägt und die japanische Wrestling Welt verändert. Shoot Style, keine DQ und Countout Finishes wie sie zu der Zeit bei NJPW und AJPW üblich waren - eindeutige Sieger und Verlierer. Auch die Platzhirsche mussten ihre Art des Wrestlings anpassen, um mit UWF mithalten zu können.
Aus den Überresten der UWF entstanden drei neue Organisationen. Zusammen mit Masakatsu Funaki, Minoru Suzuki, Yusuke Fuke und dem Amerikaner Bart Vale erschuf Yoshiaki Fujiwara am 04.03.1991 Professional Wrestling Fujiwaragumi (PWFG), Maeda formte sein RINGS Fighting Network in Holland, Russland und in Japan und Nobuhiko Takada errichtete mit allen ehemaligen UWF #2 Kämpfern (außer Maeda und PWFG) Union of Wrestling Forces International (UWF-I). Einen großen Coup konnte Takada landen, als er den originalen NWA Heavyweight Title Belt von seinem Mentor, Lou Thesz, erhielt und zum Real Pro-Wrestling World Title ernannte. 1992 verließ Wayne (Ken) Shamrock die UWF-I Promotion, um sich PWFG anzuschließen. Allerdings sollte sein Aufenthalt bei PWFG nur von kurzer Dauer sein, denn zusammen mit Masakatsu Funaki, Minoru Suzuki und Yusuke Fuke gründete Shamrock im Sommer 1993 ebenfalls eine eigene Promotion, Pancrase. RINGS hatte sich seit der Gründung zu einer der führenden Kampfsport Promotions in der gesamten Welt entwickelt, allerdings schaffte es Maeda nie einen zweiten Superstar neben ihm zu etablieren. Als er 1991/1992 zeitweise aufgrund einer schweren Knieverletzungen kürzer treten musste und der TV Sender (und Sponsor) WOWOW das Budget kürzte, konnte sich Maeda viele der europäischen Kickboxer, der er zuvor in sein Netzwerk integrierte, nicht mehr finanzieren. Davon angespornt betrat Kazuyoshi Ishii die Bildfläche und versammelte erstmals 1993 unter dem Banner von K-1 die besten Kickboxer der Welt, um in Tokyo den World Champion zu küren. Geschwächt durch den Verlust der vier wichtigen Stars entschieden sich alle übrig gebliebenen Wrestler außer Yoshiaki Fujiwara PWFG im November 1995 aufzugeben, um unter dem Namen BattlARTS eine neue Promotion zu eröffnen. Anfang 1995 war auch Takadas UWF-I in großen finanzielle Probleme geraten, die beinahe das Ende der Promotion bedeutet hätten, sodass sich Takada dazu entschied eine Zusammenarbeit mit New Japan Pro-Wrestling einzugehen, bei der er die kreative Kontrolle aber NJPW überlassen musste. Die zweite große New Japan vs. UWF(-I) Fehde war erneut und riesiger Erfolg und gilt bis heute als eine der erfolgreichsten interpromotionalen Fehden aller Zeiten. Verärgert über die Vermischung von Pro-Wrestling und Shootfighting meldete sich Lou Thesz zu Wort, der Takada dazu aufforderte, den NWA World Belt aufzugeben. Takada kam dieser Aufforderung im Oktober 1995 nach. Die finanziellen Schwierigkeiten sollten UWF-I Ende 1996 erneut vor Probleme stellen, nachdem die New Japan Fehde beendet war und der Versuch ein ähnliches Programm mit Genichiro Tenryus WAR Promotion kein vergleichbares Interesse weckte. Im Dezember 1996 musste letztlich auch UWF-I den Betrieb einstellen. Im darauf folgenden Herbst (1997) startete KRS (Kakutougi Revolution Spirits; später von Dream Stage Entertainment übernommen) die MMA Organisation PRIDE, in der Takada als erster japanischer Superstar etabliert wurde. Zuvor war Takada noch beim UWF-I Nachfolger Kingdom aktiv, der sich auch die UWF-I Wrestler Yoji Anjo, Kazushi Sakuraba, Daijiro Matsui, Naoki Sano, Masahito Kakihara, Yoshihiro Takayama, Kenichi Yamamoto und Hiromitsu Kanehara anschlossen. Kingdom entwickelte sich nie zu einem Erfolg und machte bereits im März 1998 wieder die Pforten dicht. PRIDE erkämpfte sich im neuen Jahrtausend die Krone des MMA Sports und entwickelte sich zu einem wahren Phänomen. PRIDE und K-1 sind zeitweise zu den größten Kampfsportorganisationen der Welt aufgestiegen und beherrschten über Jahre die japanische Kampfsportszene... zu der auch das japanische Wrestling gezählt wird.
Mixed Martial Arts (PRIDE, K-1 & Co.) warum die Jahrtausendwende bis zum Ende der 2000er Jahre der größte Feind des Pro-Wrestling, da nun nicht mehr die Wrestler von New Japan und Co. als die stärksten und besten Kämpfer der Welt angesehen wurden. Das Wrestling, welches sich in Japan stets als "echt" präsentierte, steckte in einer Identitätskrise. Erstaunlich ist die Tatsache, dass das Pro-Wrestling seine größten "Feinde" quasi selbst erschuf, als sich 1984 die erste UWF von All Japan und New Japan abspaltete. Gerade deshalb und aufgrund der vielen stilistischen Ähnlichkeiten handelt es sich bei japanischem Pro-Wrestling und Shootfighting nicht um zwei verschiedene Sportarten. Bei vielen Japanern galt PRIDE - eine reine MMA Promotion - als das "neue Pro-Wrestling". PRIDE wurde als eine Weiterentwicklung des Stils angesehen, als eine Weiterentwicklung des Pro-Wrestlings.