Michinoku Pro-Wrestling
North Eastern (Region Tohoku/umgangssprachlich Michinoku) Pro-Wrestling ist eine am 01.10.1992 von Masanori Murakawa (Great Sasuke) gegründete, ursprünglich regional veranstaltende Independent Promotion, die ihre erste Veranstaltung am 16.03.1993 abhielt. Zu den Gründern gehörten neben Sasuke noch Taka Michinoku und Mongolian Yuga (Jinsei Shinzaki), die zuvor bei der 1990 gegründeten Promotion von Gran Hamada aktiv waren, Universal Lucha Libre/Universal Pro-Wrestling.
In den 1990er Jahren galt die im Nordosten des Landes angesiedelte Promotion als absoluter Geheimtipp in der Puroresu-Szene. Mit waghalsigen High Flying Aktionen, dem ultra coolen, revolutionären und absolut legendären Heel Stable Kaientai DX (Deluxe) sowie den mysteriösen Maskenmännern sorgte die kleine Liga für Aufsehen. In den ersten Jahren nach der Gründung drehte sich beinahe alles um die Fehde zwischen Sasuke und seinen Babyface Kameraden gegen die am 15. September 1994 gegründete Kai En Tai Gruppe, der anfangs SATO (später Dick Togo), Terry Boy (später MEN's Teioh) und Shiryu (heutzutage als Kaz Hayashi bekannt) angehörten. Mit den Namenswechseln der Akteure wurde auch die Bezeichnung des Stables in Kaientai Deluxe geändert und mit TAKA Michinoku und Shoichi Funaki traten zwei neue Mitglieder der Gruppierung bei. Beide Seiten trafen über Jahre hinweg in mittlerweile legendären Kämpfen aufeinander, wie etwa in dem denkwürdigen Ten Man Tag Match bei der "THESE DAYS" Show vom 10.10.1996 in der Ryogoku Kokugikan in Tokyo, welches zu den besten Puroresu Matches der letzten Dekade zählt und bei einer großen Wahl der Wrestling Webseite "Death Valley Driver" zum besten Indy Match der 90er Jahre gewählt wurde. Während dieser Blütezeit von Michinoku Pro setzte Sasuke in erster Linie auf Jr. Heavyweight Wrestling, was seiner Zeit ein Novum in Japan war (abgesehen von Gran Hamadas kleiner Indy-Promotion Universal Lucha Libre). Zwar hatten New Japan, All Japan, WAR und auch FMW jeweils eine mehr oder weniger gut ausgeprägte Jr. Heavyweight Division, aber eine Promotion von der Größe Michinoku Pros, die sich hauptsächlich auf den japanischen Lucha Libre Stil (in Japan oft auch als Lucharesu bezeichnet) konzentrierte gab es nicht. Allerdings waren es auch nicht ausschließlich die kleinen High Flyer, die den Reiz der Liga ausmachten. "Mr. Indy" Jinsei Shinzaki als einziger Heavyweight des Rosters, witzige Comedy-Elemente in der Undercard, sowie Gastwrestler aus aller Welt mit verschiedensten Backgrounds machten das besondere Flair von Michinoku Pro aus.
Weltweite Bekanntheit erlangte Michinoku Pro im April 1997, als die Stars der Promotion im Zuge einer Kooperation mit der ECW zu deren aller ersten Pay-Per-View, "BARELY LEGAL", eingeladen wurden und dort ein atemberaubendes Spotfest ablieferten, welches die amerikanischen Wrestling Fans in dieser Form noch nie zu sehen bekamen. Michinoku Pro galt nach den spektakulären Auftritten in den USA nicht mehr nur als Geheimtipp in Japan und unter den westlichen Experten des Puroresu, sondern erstmals wurde auch die breite westliche Fangemeinde auf die High Fyler aus dem fernen Osten aufmerksam. Dies sollte Sasuke allerdings wenig später zum Verhängnis werden.
1998 kam es nämlich zum Wendepunkt in der Historie der Liga. Nachdem die Oberen der World Wrestling Federation auf die Japan-Importe der ECW aufmerksam wurden, wechselten Togo, Teioh, TAKA und Funaki im Frühling 1998 zur WWF, wo sie das Kai En Tai Stable vor dem amerikanischen Main Stream Publikum weiter führten. Unzufrieden über die geringe Bezahlung, die kreative Ausrichtung und die schlechte Behandlung der Wrestler entschied sich Super Delfin - seit Gründung der Liga der zweitgrößte Star der Promotion hinter Sasuke - gegen Ende des Jahres dazu die Liga zu verlassen und mit Osaka Pro-Wrestling eine eigene regionale Liga zu gründen. Einige Stars von Michinoku folgten Delfin, darunter u.a. der 1999 von der WWF entlassene Dick Togo, Naohiro Hoshikawa, Masato Yakushiji, Super Demekin (am besten bekannt als Super Dolphin, später als Zero), Masaru Seno (Daio QUALLT) und Yoshito Sugamoto (Gamma). Spätestens nach diesem Split war die ganz große Zeit von Michinoku Pro beendet, jedoch gelang es Sasuke durch eine Zusammenarbeit mit Ultimo Dragons neu gegründetem, aufregenden Toryumon Gym und Comebacks von TAKA Michinoku (der inzwischen mit dem KAIENTAI DOJO seine eigene Organisation gegründet hatte) und Dick Togo das Interesse an der Liga zu erhalten. Um die Jahrtausendwende sorgten auch einige Gaijins für Furore, wie etwa der Curry Man (Christopher Daniels), Jody Fleisch (u.a. als Dakko Chan), Chad Collyer (als Metal Master) oder Quiet Storm.
Im April 2003 wurde Sasuke als erster maskierter Politiker in die Versammlung der Präfektur Iwate gewählt und konzentrierte sich in der Folge hauptsächlich auf seine politischen Aufgaben. Jinsei Shinzaki wurde zum Präsident von Michinoku Pro ernannt und übernahm die Geschicke der Liga. Im Sommer 2007 ließ sich Sasuke zur Wahl des Gouverneurs von Iwate aufstellen, konnte sich im Rennen um den Posten allerdings nicht durchsetzen und kehrte endgültig zum Pro-Wrestling zurück. Am 31.08.2009 übernahm er auch wieder die Rolle des Präsidenten der Liga.
Das zweite große Heel Stable der Promotion war die so genannte Far East Connection, eine im Juli 2001 gegründete Freelancer Gruppierung, die ebenfalls von Dick Togo mitbegründet wurde und der u.a. Ikuto Hidaka, Minoru Fujita, Masao Orihara, Macho*Pump, Tomohiro Ishii, Jado & Gedo angehörten. Die Fehde zwischen der FEC und Michinoku Pro dominierte das Geschehen der Promotion ähnlich wie es zuvor mit Kaientai DX der Fall war. Nach Problemen im Ring und hinter den Kulissen begann sich die Far East Connection in der ersten Jahreshälfte 2004 aufzulösen, bevor sich die Mitglieder im Juli endgültig trennten. Als es dann im August des Jahres noch zu Gehaltskürzungen kam, verließen abermals viele Wrestler die Promotion, darunter u.a. Togo, Hidaka, Fujita, Hayate und Macho*Pump.
Trotz der verbitterten Rivalität zwischen Sasuke und Delfin kam es bisher zwei Mal zu Zusammenarbeiten der beiden Ligen. Anlässlich der großen 10-jährigen Geburtstagsshow im November 2003 im Tokyo Ariake Colosseum - der mit 8,008 Zuschauern bis dato erfolgreichsten Michinoku Pro Show in der Historie der Promotion - einigten sich die Bosse auf eine Kooperation. Einen Monat vor der Show ebnete Präsident Jinsei Shinzaki den Weg für ein episches Singles Match zwischen Sasuke und Delfin, als er überraschend bei einer Show von Osaka Pro auftauchte und Delfin nach langer Diskussion zu einem Singles Match überreden konnte. Vier Jahre nach dem Abgang, der viel böses Blut hinterließ, kehrte Super Delfin in seine alte Heimat zurück und besiegte Sasuke im größten Match der Michinoku-Geschichte. Drei Jahre später, im Sommer 2006, wurde die Fehde wieder aufgenommen - und diesmal ging es um mehr als nur um einzelne Matches. Neben unzähligen interpromotionalen Kämpfen, die eine ganze Reihe "Big Shows" headlineten, wechselte vor allem jede Menge Championship-Gold die Besitzer. Osakas Super Delfin gewann im Mai 2006 den Tohoku Jr. Heavyweight Title, verlor ihn fünf Monate später bei der größten Michinoku Show des Jahres in einem Re-Match gegen Great Sasuke, bevor der wiederum dem ehemaligen Michinoku Pro Wrestler und Osaka Pro Star GAINA (jetzt Shisa King bei Okinawa Pro) unterlag. Erst der Indy High Flying Superstar Takuya Sugi (Yoshitsune, u.a. auch bekannt als El Blazer, AHII & THE*ZEST) konnte den Champion nach einjähriger Regentschaft im November 2007 entthronen. Die Tohoku Tag Team Title wurden im Juli 2006 von den Osaka Pro Wrestlern Tigers Mask & Flash Moon errungen, während Kagetora & Rasse im August 2007 die Osaka Pro Tag Team Title gewannen. Im Mittelpunkt dieser Fehde standen dieses Mal allerdings in erster Linie Jinsei Shinzaki und Referee Ted Tanabe (Michinoku Pros Senior Referee), der die Fehde im April 2006 durch einen kontroversen Fast Count bei einem Singles Match zwischen Shinzaki und Delfin zugunsten des Osaka Pro Repräsentanten ins Rollen brachte und sich im Anschluß auf die Seite der Delfin-Promotion stellte. Am 17.06.2007 kam es dann zwischen Shinzaki und Tanabe zu einem alles entscheidenden Singles Match, welches Shinzaki selbstverständlich locker in kürzester Zeit gewann.
Heutzutage besteht der Kader der Liga größtenteils aus ehemaligen Schützlingen des Ultimo Dragon, der so genannten Toryumon X Generation. Toryumon X sollte nach Toryumon und dem Toryumon 2000 Project die dritte Klasse des Drachen werden, doch aus verschiedenen Gründen schlug das Projekt so schnell fehl, dass kaum einer der Schüler den Sprung in den Toryumon-Hauptkader schaffte und die jungen High Flyer eine neue Heimat finden mussten.
Mit dem Tohoku Jr. Heavyweight Title und dem Tohoku Tag Team Title hat Michinoku Pro 2002 bzw. 2004 erstmals eigene Titel eingeführt. Seit dem Debüt der Liga im Jahr 1993 wurden zig verschiedene Championships ausgekämpft, wie etwa der British Commonwealth Jr. Heavyweight Title, unterschiedliche Singles, Tag Team und Trios Titel der mexikanischen UWA und WWA Verbände, der ULL (von Gran Hamada) und der NWA - bei der "Championship Series" Tour im Sommer 1996 wurden einmal sogar bis zu 10 verschiedene Titel ausgekämpft. Dieses Chaos wurde mit der Einführung der eigenen Titel ein für alle mal beendet. Neben den Titeln gibt es ein seit 1994 jährlich stattfindendes Tag Team Turnier, die Michinoku (Futaritabi) Tag League und auch eine Trios Version des Turniers wurde bereits mehrfach veranstaltet. Seit 2005 wird ein jährliches Singles Turnier veranstaltet, das so genannte "Iron Man" (Tetsujin) Turnier. Das bekannteste Event von Michinoku Pro ist allerdings zweifelsfrei die Fukumen (Mask) World League, ein alle vier Jahre stattfindendes Jr. Heavyweight Turnier für maskierte Wrestler. Neben dem Sieger wurden bei den ersten drei Ausgaben in den Jahren 1995, 1999 und 2003 auch die Wrestler mit dem schlechtesten Abschneiden gesucht - die beiden Teilnehmer mit den wenigsten Punkte am Ende der Gruppenphase mussten in einem Mask vs. Mask Match gegeneinander antreten, bei dem der Verlierer seine wahre Identität preis geben musste, die höchste Strafe für einen maskierten Wrestler. Im Jahr 2000 veranstaltete Michinoku Pro zudem noch die dritte Ausgabe des legendären Super J Cups.
Michinoku Pro-Wrestling ist mittlerweile weit von seiner Glanzzeit entfernt, hat bis auf Sasuke und Shinzaki all seine (Jr. Heavyweight) Superstars und Top Draws verloren, die einst die Main Event Szene bildeten und ist in einem Zeitalter, in dem es unzählige kleiner Indy Promotions gibt, eher eine weitere Liga unter vielen, doch mit einer derart reichen Historie und einem so großen Namen wie Michinoku Pro kann sonst kaum jemand aufwarten. Auch wenn die besonderen Augenblicke heutzutage eher rar gesät sind, ist Michinoku Pro ab und an noch immer für einen Geistesblitz gut. Nach seiner enttäuschenden Niederlage gegen Super Delfin bei der 10th Anniversary Show sagte Sasuke ganz treffend "Michinoku Pro ist unsterblich und wird für immer weiter leben!" - und sollte jemals der Tag kommen, an dem sich Michinoku Pro von der Bühne des Pro-Wrestlings verabschiedet, wird sie doch noch im Geiste als der Ursprung und die Inspiration einer neuen Ära des Pro-Wrestlings in Erinnerung bleiben.